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Tageszeit beeinflusst das Auftreten von Nebenreaktionen bei der SCIT

CHICAGO  – Die spezifische Immuntherapie (SIT) stellt derzeit die einzige kausale Therapie bei IgE-vermittelten Allergien dar. Allerdings können lokale Reaktionen an der Injektionsstelle bei der subkutanen Immuntherapie (SCIT) dazu führen, dass die für den Therapieerfolg notwendige Dosissteigerung der verabreichten Allergene nicht erfolgen kann und die Therapiedauer sich verlängert oder die Patienten sogar die Therapie aufgrund der Nebenwirkungen abbrechen. Damit tragen größere Lokalreaktionen zu einem signifikanten Kostenanstieg für die Patienten und das Gesundheitssystem bei. Das Auftreten solcher unerwünschter Reaktionen lässt sich jedoch möglicherweise durch den Zeitpunkt der SCIT-Injektion beeinflussen, wie eine erste Untersuchung US-amerikanischer Wissenschaftler nun zeigt.


Innere Uhr beeinflusst Reaktion
Ausgangspunkt der Studie ist die Erkenntnis, dass viele Abläufe im Körper, darunter auch die Immunreaktion, einem zirkadianen Rhythmus unterliegen. Um herauszufinden, ob dies auch für die Reaktion auf die SCIT gilt, hatten die Forscher rückwirkend die Daten von 289 Patienten ausgewertet. Diese hatten zwischen 2004 und 2014 in einer Klinik in Chicago, Illinois,  insgesamt mehr als 17.000 Injektionen im Rahmen einer SCIT erhalten. Dabei wurde unterschieden, ob die Injektionen am frühen (7.30 bis 10.00 Uhr) oder späten (10.01 bis 12.30 Uhr) Vormittag beziehungsweise am frühen (12.31 bis 15.00 Uhr) oder späten (15.01 bis 17.30 Uhr) Nachmittag verabreicht worden waren.
Insgesamt traten 574 Reaktionen auf, wobei nachmittägliche Injektionen häufiger zu Nebenwirkungen führten als Injektionen am Vormittag (3,8 % vs. 2,8 %). Dieser Zusammenhang war für lokale, nicht jedoch für systemische Reaktionen signifikant. Das größte Risiko für unerwünschte Reaktionen auf eine Injektion errechneten die Forscher für den späten Nachmittag (15.31 bis 17.00 Uhr).
„Tageszeitliche Unterschiede in der lokalen Nebenreaktion hängen sowohl mit dem Kortisol-Rhythmus als auch mit anderen zirkadianen Systemen zusammen. Vor allem der Kortisolspiegel, der sein Maximum zwischen acht und neun Uhr morgens erreicht, bewirkt eine geringere Quaddelgröße am Morgen und eine stärkere Allergenreaktion am Nachmittag“, begründen die Wissenschaftler ihre Beobachtungen. Diese Ergebnisse werden dadurch gestärkt, dass auch bei einer Allergie-Hauttestung größere Hautreaktionen am Nachmittag zu beobachten sind.


Einfache Maßnahme mit relevanter Wirkung
Mit der Erkenntnis, dass die Gefahr für unerwünschte Reaktionen am späten Nachmittag am größten ist, sei eine einfache, kostengünstige und sichere Möglichkeit, die SCIT für Patienten mit einer Neigung zu Hautreaktionen sicherer und verträglicher zu machen, fassen die Forscher zusammen.
In dieser Untersuchung wurden die für die USA typischen wässrigen Allergenextrakte eingesetzt, die im Gegensatz zu den in Deutschland überwiegend eingesetzten Depotpräparaten ein höheres Risiko für Nebenreaktionen aufweisen. Entsprechende Studien für Depotpräparate zur SCIT wurden bisher nicht durchgeführt, aber es ist anzunehmen, dass auch für diese Allergenpräparate ein zirkadianer Einfluss beobachtet werden kann. Aufgrund der hohen Zahl an Lokalreaktionen bei der sublingualen Immuntherapie könnten entsprechende Untersuchungen ebenfalls von Interesse sein.

Quelle: Ann Allergy Asthma Immunol, 15. November 2016; doi: 10.1016/j.anai.2016.10.007.

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